Mittwoch, 16. März 2022

Kirchen in Niedersachsen und Bremen nehmen Stellung zur Suizidbeihilfe

In Deutschland wird sich der Gesetzgeber in Kürze mit einer neuen Regelung zum assistierten Suizid befassen. Im Februar 2020 hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) festgestellt, dass das im Grundgesetz verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht sich auch auf ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben erstreckt. Das bedeute auch die Freiheit, hierfür die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen. Neun Vertreterinnen und Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche in Niedersachsen und Bremen, darunter auch der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), Pastor Bernd Kuschnerus, haben jetzt eine gemeinsame Stellungnahme zur bevorstehenden Debatte herausgegeben.

Den Unterzeichnenden aus der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen ist es wichtig, sich an der politischen Debatte über rechtliche wie praktische Folgen des BVerfG-Urteils zu beteiligen. Aus einer lebensbejahenden Haltung heraus geben sie Impulse zu ethisch verantwortlichem Handeln.

In ihrer Stellungnahme betonen sie, für dieses komplexe Thema gebe es keine einfachen Lösungen, weshalb jeder Einzelfall individuell und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden müsse.

Die Kirchen stünden mit Seelsorge und Beratung an der Seite derjenigen, die sich mit einem Suizid auseinandersetzen. Zudem sei es wichtig, auch die Verantwortung für mitbetroffene Angehörige, Freunde oder  Kollegen mit im Blick zu behalten.

Zweifellos ginge es bei dem Gesetz um Würde und Selbstbestimmung der erkrankten Menschen, die nur noch im Suizid für sich einen Ausweg sehen. "Unabhängig von der ethischen Bewertung ihrer Einstellungen und Entscheidungen bleiben wir bei Menschen in ihrer Not und Verzweiflung, begleiten sie seelsorglich - auch die, die nicht mehr leben wollen. Wir machen unsere lebensbejahende Haltung klar und wollen zugleich niemanden allein lassen" heißt es in der Stellungnahme. "Als Christinnen und Christen erfüllt es uns mit Sorge, wenn als Ausweg aus Leid und Not eine Selbsttötung angestrebt wird, wobei Suizidwünsche in der Regel ambivalent sind und sich durch fachliche Beratung und einfühlsame Begleitung oft verändern. Darum machen wir uns – in Achtung vor der Freiheit der Betroffenen - für Alternativen zur Selbsttötung stark."

Gesellschaftlich dürfe es nicht zur "Normalität“ werden, sich das Leben zu nehmen oder anderen dabei zu helfen, betont auch BEK-Schriftführer Bernd Kuschnerus, Mitunterzeichner  des Papiers. "Ich sehe die  Notwendigkeit, für mehr Lebensqualität und ein Sterben in Würde dringend Hospizarbeit und Palliativversorgung zu fördern. Für suizidgefährdete Menschen muss es ein größeres und stärkeres Netz professioneller Beratungsstellen geben."

Nicht ausschließen wollen die Theologinnen und Theologen, dass in Grenz- und Notsituationen auch in kirchlichen Einrichtungen der Vollzug des assistierten Suizids möglich sein könnte.

Lesen Sie auch:Stellungnahme von Bernd Kuschnerus zum Urteil des BVerfG.

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