Montag, 14. Juni 2021

Krieg ist keine Party - Friedensbeauftragter kritisiert Bundeswehr-Nachwuchswerbung

Derzeit denken viele Jugendliche darüber nach, welchen Beruf sie ergreifen wollen. Gerade in dieser Zeit zwischen Schule und Ausbildung wirbt die Bundeswehr intensiv um neue Rekruten - mit persönlichen Anschreiben, Filmen, großen Anzeigen und Plakatwänden. Auch Minderjährige erhalten Post, denn die Bundeswehr kooperiert mit den Einwohnermeldeämtern. Dazu nimmt der Friedensbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche Stellung.

Der Friedensbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Jasper von Legat, kritisiert die nach seinen Worten „aggressive“ Nachwuchswerbung der Bundeswehr. „Es ist nicht seriös, wenn die Bundeswehr Minderjährige anspricht und ihnen den Beruf des Soldaten als Abenteuerurlaub schildert. Wenn sie 16-Jährigen, die gerade von der Schule abgehen, systematisch Werbung per Post zuschickt oder ihnen in den sozialen Medien Abenteuer-Camps verspricht, ist das keine normale Nachwuchswerbung wie bei Firmen, die Fachkräfte brauchen.“

Unternehmen und gesellschaftliche Institutionen müssten selbstverständlich Strategien gegen den Fachkräftemangel entwickeln. „Dazu gehört auch, Jugendliche zu informieren, damit sie sich ein Bild von der Ausbildung machen können. Doch können Jugendliche schon eine informierte und unabhängige Entscheidung über einen Beruf treffen, der ihr Leben und ihre Gesundheit gefährden kann? Ich bezweifle das.“

Er habe mit vielen Eltern gesprochen, die verärgert seien, dass ihren Kindern ohne ihre Einwilligung vermeintlich verlockende Karrierechancen angeboten werden, so von Legat. „In dem Werbematerial geht es um guten Verdienst, Aufstiegsmög­lich­keiten und Führungsverantwortung, aber nicht um Auslandseinsätze, Töten oder Gefahr für das eigene Leben. Ein Auslandseinsatz ist kein Abenteuercamp, und Krieg ist keine Party!“

Daher fordert der Friedensbeauftragte die Bundeswehr dazu auf:

  • Die Rekrutierung Minderjähriger per Post, Facebook usw. oder mit Schulungs-Offizieren grundsätzlich einzustellen.
  • In ihren Informationsmaterialien die verpflichtenden Auslandseinsätze und deren mögliche Folgen klar zu benennen.
  • Die Adressdaten aller Minderjährigen, die mit der Bundeswehr in Kontakt getreten sind, grundsätzlich nicht in ihren Systemen zu speichern.

Die Bundeswehr versendet systematisch Werbematerial mit Hilfe von Daten der Meldebehörden. Diese Post erhalten Familien ungewollt, es sei denn, Sie haben eine Datenübermittlungssperre beantragt. „Dies ist ein Privileg, das ich bedenklich finde. Während durch die Presse ging, dass Corona-Impfbenachrichtigungen aufgrund von Datenschutzbestimmungen nicht verschickt werden konnten, hat die Bundeswehr Zugriff auf die Daten Minderjähriger, um  einseitiges und aufwändig produziertes Werbematerial zu versenden. Friedensinitiativen haben diese Möglichkeit nicht.“

Aber Jugendliche und ihre Eltern können widersprechen! Und zwar mit einem Tool des Friedens-Netzwerkes www.unter18nie.de. Nach Ausfüllen der Felder wird ein automatischer Brief generiert, mit dem diese ungewollte Datenweitergabe unterbunden wird.

Kontakt
Pastor Jasper von Legat
0176/34116864
jasper.vonlegat@kirche-bremen.de