Dienstag, 31. August 2021

Kirchlicher Friedensbeauftragter fordert am Antikriegstag neue Friedenslogik

Seit 1957 ist der Antikriegstag am 1. September ein Tag des Mahnens und des Erinnerns. 1939 hatte Nazi-Deutschland Polen überfallen und die Welt in einen unbeschreiblichen Abgrund geführt. Der Zweite Weltkrieg hat unermessliches Leid über die Menschen gebracht, Hass und Terror in Gesellschaften getragen und kostet am Ende 60 Millionen Menschen das Leben. Aus Anlass des Antikriegstags fordert der Friedensbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche, Pastor Jasper von Legat, eine neue Friedenslogik, nach der Militärausgaben konsequent in zivile Bereiche umschichtet werden, um Demokratie und Frieden zu stärken.

„Kriege töten nicht nur, Kriege zerstören nicht nur Städte, Dörfer und die Umwelt. Sie zerstören seelisch, ohne dass vielleicht vor Ort Kugeln fliegen. Und auch nach einem Krieg tobt er weiter in den Köpfen der Menschen, in den Familien, in den Freundeskreisen.
 
Die militärische Sicherheitslogik versagt immer wieder, weil sie weder Sicherheit noch Frieden bringt. Die Bilder und Berichte aus Afghanistan führen uns das gerade wieder drastisch und schmerzhaft vor Augen, doch sie überraschen nicht. Toleranz, Akzeptanz grundlegender Menschenrechte und Demokratie lassen sich nicht durch Gewehre und Drohnen erzwingen. Nach dem 20-jährigen Krieg, der das Leiden der Menschen in Afghanistan verstärkt, Hass gesät und Konflikte unter den Volksgruppen weiter angeheizt hat, bleibt ein Scherbenhaufen zurück, mit dem die Menschen in Afghanistan allein gelassen werden. Hätte man in Afghanistan dasselbe finanzielle Engagement wie im militärischen Bereich auch beim Aufbau der Zivilgesellschaft und ihrer Infrastruktur gezeigt, wäre das Geld nachhaltiger investiert gewesen. Der sofortige Zerfall staatlicher Strukturen nach Abzug der ausländischen Truppen aus Afghanistan zeigt die Kurzsichtigkeit und Irrationalität der militärischen Sicherheitslogik.
 
Sicherheit kommt nicht aus vermeintlicher Waffenstärke, sondern aus der Zivilgesellschaft. Militärische Interventionen von außen mit dem Ziel von Regimewechseln und des Aufbaus stabiler Demokratien sind nicht nur in Afghanistan, sondern auch im Irak und in Libyen gescheitert.
 
Wir brauchen deshalb künftig eine Friedenslogik: Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung sind die Grundpfeiler für ein sicheres und friedliches Zusammenleben. Wir müssen rauskommen aus der Aufrüstungsspirale, hin zur echten Abrüstung.
 
Die Debatte über die Rüstungsausgaben ist dabei eine Entscheidende. Denn während Kriege, Gewalt, Klimakrise, Corona-Pandemie sowie soziale Ungleichheiten das Leben auf der Welt gefährden und die Entwicklungsmöglichkeiten von Menschen einschränken, werden weiterhin Geldsummen in Milliardenhöhe für Rüstung eingeplant und ausgegeben. Auch weil bewaffnete Konflikte Probleme wie Hunger, fehlende Zugänge zu Bildung und Gesundheitsversorgung verschärfen, ist eine Umschichtung von Geldern aus militärischen in zivile Bereiche dringend notwendig. Denn dort wären diese Ausgaben nachhaltiger eingesetzt.“

Pastor Jasper von Legat, Friedensbeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche, spricht am 1. September auf dem Bremer Marktplatz anlässlich der Kundgebung des DGB Bremen zum Antikriegstag.