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13. November 2024
Von St. Stephani über St. Michaelis nach Walle und wieder zurück
Vor 500 Jahren wurde die Waller Kirche mit Steinen der St. Michaeliskirche erbaut. Ein kleiner Rückblick was seit dem geschah.
Zuerst genannt 1139, Sitz einer Ministerialen Familie von Walle, deren Mitglieder zu Bauern und Bürgern wurden. Das Dorf Walle gehörte zum Goh Werderland, wurde in Teilen erst 1885, 1892 und 1902 in die Stadt Bremen eingemeindet.
Die ersten Häuser und Bauernhöfe zogen sich wie an einer langen Reihe in dem Dünenstreifen hin, vorbei am Gut Walle.
1139 wird in der Gründungsurkunde der Stifts- und Pfarrkirche St. Stephani/St. Wilhadi, ausgestellt durch Erzbischof Adalbero von Hamburg und Bremen, das Dorf Walle erwähnt. Seine BewohnerInnen werden deren Gemeindemitglieder und damit zu Zehntleistungen verpflichtet. Der alte Kirchweg der Waller Bauern, der von Walle zur Stephani Kirche verlief, heißt bis heute „Steffensweg“ (eingedeutscht für Stephanus).
Um 1725 begann man mit dem Bau der neuen Kirche und schon 1726 wurde sie geweiht.
Die Kirche wurde an das Grabmal des Ritters Rasch(en) von 1658 angebaut, so dass der nun als Kirchturm erscheint. Nach dem Vorbild der Kirche von St. Pauli in der Bremer Neustadt wurde sie als reformierte Saalkirche gestaltet. Man betrat die Kirche durch zwei Eingänge an deren Längsseite von Norden her. Innen befand sich zwischen den Türen der ebenerdige, hölzerne Altartisch und dahinter die erhöhte Kanzel. Die Sitzbänke sind halbkreisförmig um den Altar gruppiert. Das Kirchengebäude war bis 1893 einstöckig, ehe man die ursprünglich flache Decke zu einem Tonnengewölbe ausbaute. An der Westseite wurde eine große Empore für die Orgel platziert.
Beim Abriss der Michaelis-Kapelle haben die Waller auch die kleine Glocke mitgekauft. Diese Glocke hat bis 1900 zu den Gottesdiensten geläutet. Dann wurde sie ausgebaut und ist bis heute im Focke Museum zu sehen.
1901 bekommt der Glockenturm eine neue Glocke. Diese wurde in der Hemelinger Glockengießerei E. Otto gegossen.
Die Inschrift der Glocke:
„WECKE DIE TRAEGEN;
STAERKE DIE SCHWACHEN;
LEITE DIE IRRENDEN;
EINE DIE STREITENDEN;
WARNE DIE SICHEREN;
TROESTE DIE TRAUERNDEN;
RUFE DIE SUCHENDEN;
FÜHRE ZU GOTT“.
Diese Glocke hat alle Kriegswirren überstanden und läutet noch heute zum Gottesdienst.
1966 bekam die Gemeinde zusätzlich zwei neue Glocken. Sie hängen im Turm am Gemeindehaus und wurden ebenfalls in der Glockengießerei E. Otto gegossen.
1782 Kauf eines gebrauchten Orgelpostiv (Orgelbauer: Rathmann) für 40 Reichstaler.
1802 Neubau einer Orgel von Johann Wolfgang Witzmann, Bremen, für 655 Reichsthaler.
1878 wird eine 2-manualige Orgel mit Pedal von Gebrüder Peternell, Seligenthal feierlich eingeweiht. Für diese Orgel hat Joh. Wilhelm Hieronymi durch Legat (Vermächtnis) einen hohen Betrag zur Verfügung gestellt.
1930 Einweihung einer neuen zweimanualigen Orgel mit Pedal, gebaut von P. Furtwängler & Hammer, Hannover.
1952 neue 2-manualige Orgel mit Pedal gebaut von Alfred Führer, Wilhelmshaven.
2002 hat die Waller Kirche eine neue, sog. mitteltönige Orgel erhalten, die von dem Unternehmen des niederländischen Orgelbauers Winhold van der Putten gebaut worden ist. Sie orientiert sich an Vorbildern aus der Blütezeit des holländisch-norddeutschen Orgelbaus des 18. Jahrhunderts und dient neben der Begleitung des Gemeindegesangs, als hervorragendes Konzertinstrument des Freundeskreises der Waller van Putten-Orgel und als Ausbildungsinstrument der Bremer Hochschule für Künste im Bereich für „Alte Musik“.
Durch den Bombenangriff 1944 auf den Bremer Westen wurden 25.000 Wohnungen zerstört. Als eine der ersten Amtshandlungen nach dem Krieg hat Bürgermeister Wilhelm Kaisen durch eine Amtliche Mitteilung erlaubt, das die Bürger auf ihrer Parzelle eine Notwohnung errichten können. In der Waller Feldmark schufen sich ca. 5000 Bürger eine neue Heimat. Der damalige Waller Gemeindepastor Rabstein hat darum gekämpft, dass für diese Bewohner eine Kirche errichtet wird.
1958 wurde die neue Parzellenkirche (Fleetkirche) geweiht. Diese Kirche ist komplett aus Holz. An der Altarwand ist ein rundes Bild der Künstlerin Elisabeth Blankenburg, es zeigt auf blauen Grund den Himmel und auf dem Meer erblickt man ein Schiff mit weitgespanntem, orangefarbenen Segel, darauf das Monogramm Christi. Die kleine Glocke trägt die Inschrift:
O Land, Land, Land. Höre des Herrn Wort
1962 bekommt die Fleetkirche eine Orgel von der Hamburger Orgelbaufirma Grollmann.
Diese Fleetkirche wird von der Waller Gemeinde bis Oktober 1999 genutzt. Danach nutzte die serbisch-orthodoxe Religionsgemeinschaft die Kirche. 2017 wurde sie dann an den Schriftsteller und Ausstellungsmacher René Paul Niemann verkauft, der sie als Atelier nutzt.
1726 spendeten die Senatoren Werner Köhne und Heinrich Meyer die während dieser Zeit die Visitatoren der „Stadt Bremen für Kirchen auf dem Lande“ waren, zwei dekorative Wappensteine mit Ihren Wappen. Sie wurden über den Eingangstüren der Kirche angebracht. Eine Inschriftentafel aus Sandstein mit einem lateinischen Text wurde zwischen den Türen montiert. Die deutsche Übersetzung lautet: „Zu Ehren des unsterblichen Gottes, des ewigen Friedensfürsten, ist diese geräumige Kirche, zu der am 30.4.1726 der Grund gelegt wurde, errichtet und eingeweiht worden, als Werner Köhne(n?) und Heinrich Meyer Bürgermeister und Dunnovire für die Landkirchen waren und Christoph Holwehl Diener des göttlichen Wortes, mit dem Wunsche, dass der Ruhm des neuen Gotteshauses größer sei als der Früheren und das diesem Orte Frieden geben wolle Jehova Zebaoth“.
Die im II. Weltkrieg teilweise zerstörten Wappensteine wurden 1953 restauriert und mit der Tafel vom Bau der Kirche neben dem Turmeingang der Kirche angebracht.
1954 Neuer Schmuck der Waller Kirche. Es wurde eine vom Bildhauer August Taube geschaffene Inschriftenplatte montiert, die jetzt im Eingangsbereich des Turmes zu sehen ist. Sie beschreibt die wechselvolle Geschichte des Gotteshauses. Der Text lautet:
Diese Kirche wurde am 7. September 1952 dem Dienst Gottes geweiht, unter dem Pastor Ernst Klein und dem Bauherrn Walter Pfauder von Ihrem großzügigen Förderer, dem Waller Baumeister Wilhelm Kellner, geschaffen. Sie steht auf dem Boden der 1524 erbauten Kapelle, neben der 1658 der Turm als Grabmal des Ritters Rasch errichtet wurde – und auf den Grundmauern der zweiten Kirche, 1726 erbaut und 1942 völlig zerstört, der Gemeinde Gottes zur Mahnung: Fahre auf die Höhe!
Im Turmeingang ist seit 1962 ein Mosaik-Kreuz des Künstlers Willi Torger über einer Ablage angebracht, auf der ein Buch mit den Namen der „Gefallenen“ des Zweiten Weltkriegs liegen sollte. Es ist wegen respektloser Kritzeleien inzwischen im Gemeindehaus verwahrt.
1926 feierte der "Verein für die Kinderbewahranstalt in Walle" sein 50 jähriges Jubiläum, dabei wurde der Verein aufgelöst. Der Vorstand des Vereins schenkt der Gemeinde Walle das Gebäude und Grundstück Waller Heerstr. 167/170. Nach dem Umbau zum Gemeindehaus konnte die Gemeinde es 1928 in Betrieb nehmen. Dieses Gemeindehaus wird - mit Unterbrechung durch Kriegsschäden - bis 1964 genutzt.
1962 wird an der Ritter-Raschen-Straße direkt an der Kirche der Grundstein für das jetzige Gemeindehaus gelegt und 1964 feierlich eingeweiht.
1966 wird nach dem Umbau des früheren Gemeindehauses in der Waller Heerstraße 167-70 eine neue Kindertagestätte in gemeindlicher Trägerschaft eingeweiht.
1996 Einweihung des für 75 Kinder umgebauten dortigen Kindertagesheims mit neuer Großküche, erweitertem Gebäude und Außengelände und begrüntem Flachdach.
2015 wird ein neuer Kindergarten für das „Ev. Kinderhaus Schnecke“ an der Lange Reihe auf den alten Kirchhof gebaut. Er wird von den Architektinnen Claudia Gräefe und Antje Wittenberg-Italiano (Brem. Ev. Kirche) konzipiert und in zweigeschossiger Massivholz-Bauweise realisiert. Alle Gruppenräume orientieren sich nach Westen, wo das Freigelände zum Spielen bis zur Langen Reihe reicht.
Die Integration des neuen Kindergartengebäudes in das Ensemble von Kirche, Gemeindehaus, Denkort und Gemeindegarten umschreibt die Architektin Gräfe: „Von der Dorfkirche zum Kirchendorf“. Er beheimatet als integrativer „Bewegungskindergarten“ fünf altersgemischte Gruppen, der einschließlich der Krippengruppe „Fienchen“ über 78 Plätze verfügt.
1858 zeigt der Senator Dr. Meier dem Pastor Diedrich Koch an, dass ein Kaufmann in Baltimore, Amerika, Herr Burchard Meyer, geboren in Walle, sich bereit erklärt habe, der Gemeinde Walle ein neues Schulhaus zu schenken. Dafür müsste die Gemeinde einen Streifen Land von der Ehefrau Jacob Garbade zur Vergrößerung ankaufen. Die Gemeinde erklärte sich dazu bereit. Danach hat B. Meyer ein dreiklassiges Schulhaus nebst eine Lehrerwohnung erbauen lassen. Am 3. November 1858 konnte die Schule eingeweiht werden. Am Giebel des Gebäudes wurde eine Plakette befestigt, die besagt: „Burchard Meyer stiftete seiner Heimatgemeinde Walle eine Schule, 1858!“ Das Gebäude wird heute als Abteilung des Schulzentrums Walle als Berufsbildende Schule für Gesundheit genutzt.
Die Informationen und Recherchen wurden freundlicherweise von Heinz-Dieter Beushausen und Günther Schminke zusammengetragen. Vielen Dank dafür!